Die Evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde und ihre jüdischen Nachbarn. Eine Spurensuche zwischen 1895 und 1960.
Datum
- Nov. 26 2025
Die KWG-Gemeinde und ihre jüdischen NachbarnDie Evangelische Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirchengemeinde und ihre jüdischen Nachbarn.Eine Spurensuche zwischen 1895 und 1960.
MITTWOCH, 26. NOVEMBER, 18.30 UHR
Martin Germer, Pfarrer i. R. im Gespräch mit Bernd Streich, GCJZ Berlin
In den Anfangsjahrzehnten standen immerhin zwei Pfarrer an dieser ansonsten deutschnational geprägten Kirche in partnerschaftlichem Dialog mit Vertretern des Judentums: Walther Nithack-Stahn sprach 1917 mit Hermann Cohen über die Frage “Was eint die Konfessionen?”, und Immanuel Heyn bezeichnete 1913 in einem Vortrag über “Die Entwicklung und bleibende Bedeutung der jüdischen Religion” den Antisemitismus in Deutschland als “eine Schmach”. Zuvor waren es sogar jüdische Bauherren gewesen, die Kaiser Wilhelm II. den Wunsch erfüllt hatten, der neoromanischen Gedächtniskirche zwei “Romanische Häuser” zur Seite zu stellen, und der Anteil jüdischer Menschen in der unmittelbaren Umgebung und damit Nachbarschaft der Kirche wurde schon 1910 auf 23 Prozent geschätzt.
Aber als sich 1929 ein Mitglied der Gemeindevertretung offen antisemitisch gegen ein anderes Gremienmitglied äußerte, blieb dies bereits unwidersprochen. Und die nationalsozialistischen und antisemitischen Deutschen Christen konnten hier schon 1932 eine Mehrheit in den Gremien erobern.
Andererseits konnte Dietrich Bonhoeffer im April 1933 ausgerechnet hier, in der Pfarrwohnung von Gedächtniskirchenpfarrer Gerhard Jacobi seinen nachträglich berühmt gewordenen Vortrag “Die Kirche vor der Judenfrage” halten, und im September 1933 fand hier die Gründungsversammlung des Pfarrernotbundes gegen die Einführung des Arierparagraphen in der Evangelischen Kirche statt. In der Folgezeit war es der einer jüdischen Familie entstammende Antiquar Hugo Streisand, der Jacobi, dem Berliner Präses der Bekennenden Kirche, bei der diskreten Verteilung von Unterlagen half. Seine Frau und seine Tochter gehörten zu den Hochaktiven in der hiesigen Bekenntnisgemeinde. Streisands Schwester Bianka aber, 1935 von Jacobi getauft, und viele andere Familienangehörige wurden weniger Jahre später in den nationalsozialistischen Konzentrationslagern ermordet.
Aber wie ist es zu verstehen, dass selbst ein Gerhard Jacobi, der auch persönlich antisemitische Angriffe erfahren musste, nach 1945 in der Gemeinde weder hierüber noch auch über die keine 500 Meter von der Gedächtniskirche entfernte, 1938 in der Pogromnacht niedergebrannte Synagoge in der Fasanenstraße gesprochen hat und über die pogromartigen SA-Ausschreitungen, die es schon 1927 und 1931 am Kurfürstendamm gegeben hatte? Oder dass Senats- und Kirchenvertreter 1958 noch ernsthaft erwägen konnten, Abbruchsteine von dieser Synagoge als Material zum Neubau der Kirche zu verwenden?
Zu diesen und weiteren Fragen erhoffe ich einen produktiven Gedankenaustausch. Als Gesprächsgrundlage kann ich in meinem Vortrag etliche bisher weitgehend unbekannte Vorgänge darstellen, zum Teil auf der Grundlage unlängst neu entdeckter Quellen.
Ort: Kapelle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche (Flachbau gegenüber dem Europa-Center, Breitscheidplatz
Anmeldung: GCJZ Berlin, 030-821 66 83, gcjz.berlin@t-online.de, Eintritt: frei
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